Donnerstag, 26. November 2015

Irreführende Titel, fehlende Titel

Es kommt ja häufiger vor, dass man sich beim Lesen des Namens mancher Läufe fragt, welche bewusstseinserweiternden Substanzen bei der Titelfindung manch einer Veranstaltung im Spiel gewesen sein müssen. Da wird aus einem Lauf schon mal ganz schnell ein "Event", "Race" oder eine "Challenge". Wenn man dann noch auf die Idee kommt, zusätzliche Hindernisse auf dem Weg zu verstreuen, werden die Titel noch absurder. Beispiele erspare ich dem Leser hier, ich will euch ja nicht schon in der Einleitung verlieren.


An diesem Sonntag konnte ich den Rest der Fischerei von der Idee überzeugen, beim "Lauf in die Tropen" mitmachen zu dürfen. Unter diesem Namen konnte sich im Vorfeld tatsächlich niemand, den ich davon erzählt habe, etwas vorstellen. Dies dürfte ein untrügliches Indiz für die Irreführung des Titels sein. Tatsächlich geht es um einen Lauf bei der ehemaligen Cargolifter-Halle (die älteren unter uns erinnern sich bestimmt noch an diese Hochzeit der Zeppelinfahrt). Jedenfalls war der Erfolg dieser Idee eher mäßig, und aus der kleinen Halle, in der man die Freiheitsstatue stellen und den Eiffelturm legen könnte, wenn man denn unbedingt wollte, wurde ein kleines "Südseeparadies", mittlerweile bekannt als "Tropical Islands" (muss man erwähnen, dass es dort keine Inseln erwähnenswerter Größe gibt?).

Dort ging es dann auf einer angeblich genau 4130 m langen Runde um das Riesen-Zäpfchen herum. Nach fünf Rundendurchläufen sollte man dann bei 21 km sein, was wohl in etwa so gut kalkuliert war, wie der Wirtschaftsplan der Cargolifter AG. Mitten durch die spreewaldliche Einöde ging es auf breiten, tristen Betonwegen zuschauerlos über die Runde. Die einzige Abwechslung bot der Streckenabschnitt auf der ehemaligen Landebahn, der mit heftigem Gegenwind mal etwas Spannung in die Sache brachte.

Vom Start weg löste sich nur der spätere Sieger der 4-km-Runde aus unser etwas größeren Gruppe. Auch die beiden Sieger der 8-km-Distanz konnten sich kaum nennenswert von mir und dem Geraer Daniel lösen. Daniel sollte später die 12-km-Distanz gewinnen, aber beim zweiten Gegenwindstück muss ich ihn irgendwie aus dem Windschatten verloren haben. Ab da ging es für mich mit Tempomat weiter. Erstaunlicherweise offenbart das Rundenprotokoll tatsächlich nahezu identische Rundenzeiten.

Immerhin war ich durch die vielen Überrundungen nicht ganz allein auf der Strecke und so boten sich immer wieder Zwischenziele an, um die novemberliche Restmotivation auf halbwegs erträglichem Niveau zu halten. Nach fünf Runden war der Spuk dann vorbei und ich lief unbemerkt vom Sprecher ins nahezu menschenleere Ziel ein. Nach etwas Verpflegung machte ich mich schleunigst in die warme Halle (Innen 27°C, Außen 2,8°C. Es gibt Leute, die würden sagen, dass es Innen zehn mal wärmer war), wo die Familie schon wartete. Wir hatten noch viel Spaß im Wasser und im Sand, der nur von der - nennen wir sie mal "Siegerehrung" - unterbrochen wurde. Irgendwie musste man sich ja was gaaaaanz Besonderes einfallen lassen und man hatte im Vorfeld groß angekündigt, dass jeder geehrt werden könnte...

Nun ja, der tatsächliche Modus war dann doch etwas sehr ernüchternd, denn man ehrte lediglich die teilnehmerstärkste Altersklasse des jeweiligen Laufes. Der ganze Spaß wurde also in meinen Augen recht absurd, zumal die Altersklassen auch recht willkürlich gewählt waren. So gewannen dann die Herren mittleren Alters in fast allen Wertungen und die Gesamtsieger gingen, soweit ich das überblicken konnte, alle leer aus. Die gute Laune ließ ich mir davon zwar nicht nehmen, aber wiedersehen werden sie mich dank solcher Aktionen wohl nicht wieder. Wenn man sowas machen will, kann man das ja gerne tun, aber dann sollte man das akkurat kommunizieren. So verspielt man das Vertrauen der Sportler und ein Wachstum der Veranstaltung wird so sicherlich auch schwer. So nebenbei, "jeder" konnte beim besten Willen nun auch nicht geehrt werden, denn man musste schon unter den ersten drei der Altersklasse sein. Und da wird man auch bei fast allen anderen Läufen geehrt. Man hätte ja auch wenigstens erwähnen können, dass eine ganze Menge Streckenrekorde gepurzelt sind. Lustig fand ich übrigens die Tatsache, dass bei den Kiddies alle Altersklassen anständig geehrt wurden. Die Auswirkungen eines ähnlichen Verfahrens hätten mich hier mal brennend interessiert...

Als wir am Abend dann aus der schönen warmen Halle rauskamen, war es bereits Winter im Lande geworden. Durch Schneegestöber ging es nach Hause und ich wurde dabei schmerzlich dran erinnert, dass mein Kind immer größer wird und nun einen eigenen Musikgeschmack entwickelt, welcher sich höchstens ansatzweise mit dem meinigen deckt. So kam ich in den Genuss, unter Aussetzung von "Rolfs Vogelhochzeit" durch den Schneematsch zu tuckern. Ich sage nur: "Immer nur brüten, brüten, brüten! Das Ei behüten, hüten, hüten! Wer hält das aus? Ich möchte hier raus!"

Fischi


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