Dienstag, 7. Juli 2015

Summer in the City

"Hot town, summer in the city
Back of my neck getting dirty and gritty
Been down, isn't it a pity
Doesn't seem to be a shadow in the city
All around, people looking half dead
Walking on the sidewalk, hotter than a match head"

The Lovin' Spoonful                                    


Speziell die letzten beiden Zeilen dieses Sommerhits aus dem Jahre 1966 gingen mir in den letzten Tagen nicht mehr aus dem Kopf, wollte ich doch so nicht enden beim Versuch, einen halbwegs vernünftigen Marathon bei etwas wärmeren Temperaturen bei der Sächsischen Meisterschaft in den Chemnitzer Asphalt zu brennen. Das alles ist natürlich wieder komplett wahnsinnig, verrückt, unvernünftig und gesundheitsschädlich: Wie kann man bei deutlich über 30°C einen Marathon laufen, wenn man heutzutage schon bei Temperaturen um die 20°C von "Hitzerennen" lesen darf?


Ich machte mir also Gedanken, wie man diese Aktion vernünftig angehen kann und tröstete mich damit, dass am eher noch wärmeren Sonntag einige Langdistanz-Triathleten in Frankfurt noch schärfere Bedingungen vorfinden würden (Dass man trotzdem schnelle Laufzeiten hinlegen kann, wurde dort ja eindrucksvoll gezeigt). Ich hielt mich dabei an "keep it simple, stupid!" und entschloss mich, nichts für mich außergewöhnliches zu probieren. Also keine Sonnenbrille, Mütze, Trinkrucksack, Singlet, usw... Nur Hose, weißes T-Shirt und Garmin. Wobei Letztere das Thema "Wetter" schnell verdrängte, denn ein paar Tage vor der Angst riss natürlich das Armband ein. Da dies bei der Forerunner 110 die Sollbruchstelle ist und das Armband im Sinne von "geplanter Obsoleszenz" nicht austauschbar ist, musste erstmal Panzertape den Job übernehmen. Bis das Armband am Donnerstag natürlich endgültig riss... Glücklicherweise hatte ich ein günstiges Universalramband bestellt und noch viel glücklicher war ich, als dieses am Freitag trotz Poststreik im Briefkasten lag. Ich schnitt also den Rest vom alten Armband ab und fädelte meinen "NATO strap" durch die letzten verbliebenen Löcher. Nicht ganz schön, aber effektiv. Damit wird die Uhr hoffentlich noch ein paar Jahrzehnte durchhalten.

Am Samstagmorgen ging es dann mit Ehefrau, Sohn und vollen Iso-Flaschen in Richtung Karl-Marx-Stadt, statt der Moderne. Dank kostenloser Parkplätze konnten wir nah am Start im Chemnitzer Stadtzentrum parken. Dort trafen wir dann auch auf unsere Sommerurlaubsbegleitung Marcel, Anna und Nick. Bei der Startnummernausgabe erntete ich mitleidvolle Blicke anderer Läufer, welche die ersten beiden Ziffern "40" auf meiner Startnummer erblickten. Ja, ich darf heute die Runde des Viertelmarathons vier Mal laufen.

Dankenswerterweise war der Start des Marathons auf 10 Uhr angesetzt. Im Nachhinein durfte ich in den Schutzbestimmungen des DLV lesen, dass Läufe über 20 km Länge in den Sommermonaten nur bis 8 Uhr und ab 18 Uhr gestartet werden dürfen. Na schönen Dank auch. Immerhin war es am Start mit knapp über 30°C noch angenehm mild und die Strecke im Stadtpark relativ schattig. So war dann die erste Runde im vorsichtigen Tempo kein Problem. Ich lief gemütlich los und schloss nach etwa drei Kilometern zur Spitzengruppe auf. Dort waren wir anfangs zu dritt, darunter ein Staffelläufer, den wir dann irgendwann nach der Wende im Stadtpark verloren haben. Der andere Kollege wirkte, als wisse er, was er tut. Zumindest bis zum Rundendurchlauf, denn ab da wa er plötzlich leicht hinter mir und bei der zweiten Wende ganz verschwunden. Ich sah ihn später nochmal mit schon recht großem Rückstand und konnte ihn in den Ergebnislisten nicht finden. Es war sicherlich nicht sein bester Tag.

So lag ich nun schon früh alleine vorne, allerdings mit nur einem kleinen Vorsprung auf zwei Verfolger, welche beim Halbmarathondurchlauf noch etwa eine Minute hinter mir lagen. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass bei einem konstanten Lauf nichts mehr passieren würde. So konnte ich auf der dritten Runde den Vorsprung noch etwas vergrößern. Es wurde jedoch - wer hätte das gedacht - immer wärmer und die Schatten wurden der Mittagszeit geschuldet immer kürzer. Glücklicherweise fanden sich nette Leute am Wegesrand, die mit Wasserpistolen, Eimern oder Insektenbekämpfungssprühgeräten für Erfrischung sorgten. Leider gab es an den Verpflegungspunkten nur Wasser oder Cola - über etwas Isotonisches hätte ich mich gefreut. Immerhin bekam ich bei jedem Rundendurchlauf mein "Fläschchen". Die dreimalige Druckbetankung verkraftete ich erstaunlich gut, nur wurde mir leider zu Beginn der letzten Runde eine fast leere Flasche gereicht. Meine Lieblingsehefrau dachte, dass es schon reichen würde...

Egal, letzte Runde, ab jetzt gab es für mich Cola bei der Verpflegung. Mein netter Führungsradfahrer sammelte dabei noch ein paar Becher Wasser ein, mit denen ich mich etwas erfrischen konnte. Er hat nicht nur an den Verpflegungstellen einen tollen Job gamacht. Schon beim ersten Zwischenfall auf der Strecke sagte ich ihm, dass er bei sowas schleunigst zum nächsten Streckenposten fahren sollte um professionelle Hilfe zu holen, was er auch anständig mehrmals tat. Was ernsthaftes ist wohl zum Glück keinen passiert. Soo gefährlich ist der Spaß also doch nicht.

Die letzte Runde wurde dann erwartungsgemäß schwerer und nochmals wärmer. Nach einer langsamen ersten Hälfte rollte es auf dem Rückweg mit dem Ziel vor Augen nochmal ganz gut. Die letzten paar Höhenmeter über die Fußgängerbrücke taten nochmal kurz weh und das anschließende letzte Stück über den glühenden Asphalt Chemnitzer Hauptstraßen war nochmal richtig heiß. Dann ging es also ein letztes Mal ins Ziel, wo ich vom Sprecher Bernd, der schon beim ersten Rundendurchlauf meinte "Wer auch sonst?", abgeklatscht wurde. Im Ziel gab es dann heiße Cola und einen fast noch wärmeren Springbrunnenteich zur Abkühlung. Dann musste auch schon der Nachwuchs eingeheiat werden, was ich dazu nutzte, den Chris zum Busbahnhof zu bringen. Nachdem Marcel einen Supermarkt fand (was wohl in der Chemnitzer Innenstadt nicht trivial ist), gab es dann auch noch Eis und normal-warme Cola, womit wir uns die Zeit bis zur Siegerehrung vertrieben. Anschließend ging es dann noch ins proppevolle Bad, um den Nachwuchs und uns selbst abzukühlen.

Erstaunlicherweise habe ich die ganze Aktion recht gut verkraftet. Gut, seit Sonntag macht mir die Hitze auch wieder mehr aus, aber offensichtlich kann man mit gesunden Menschenverstand, gedrosseltem Tempo, guter Vorbereitung und ausreichender Verpflegung auch bei Bedingungen außerhalb des Wohlfühlbereiches mit abschätzbarem Risiko sportlicher Betätigung nachgehen. Das wird vielen Journalisten, die im Sommerloch wohl nichts anderes zu schreiben haben, sicherlich nicht gefallen. Mir gibt das Ganze auf jeden Fall die Sicherheit, mich von Nichts und Niemanden aus der Ruhe bringen zu lassen und auf meinen Körper zu hören. Der darf sich nach einer sehr erfolgreichen ersten Jahreshälfte nun etwas erholen, bevor dann bald wieder einmal alles anders wird.

Fischi

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