Mittwoch, 23. Dezember 2020

The Last Remaining Light

 Einen Blogeintrag habe ich dieses Jahr geschafft. Immerhin mehr als in den letzten Jahren. „Eigentlich“ hatte ich mir vorgenommen, mal wieder häufiger über interessante Läufe in die Tastatur zu kloppen. Aber … naja, ihr wisst ja...

So wurde aus dem „Saisonauftakt“ beim Wintermarathon eigentlich schon die Saison. Immerhin gab es im Sommer noch das ein oder andere Aufflackern und trotz fehlender Form aufgrund anderer Prioritäten („Schaffe, schaffe Häusle baue“) hatte ich eine Menge Spaß. Immerhin haben sich manche Veranstalter Corona-konforme Konzepte ausgedacht und so gab es dann auch einige interessante neue Formate wie einen Paarlauf kreuz und quer über das Dohnaer Schulgelände. Highlights waren sicherlich der Sachsentrail und vor allem der neue Trail beim Rennsteigherbstlauf. Es ist schon besonders angenehm, wenn man für 30 km bezahlt, am Start gesagt bekommt, dass es eher 31km sind und nach 31,5 noch über den Masserberg rennen darf...

Und dann sollte da noch der Götzschtallauf stattfinden. Verlegt auf den 31. Oktober, mit den November-Maßnahmen am Horizont und steigenden Fallzahlen war mir klar, dass dies der letzte Lauf der Saison werden würde, sofern er denn stattfinden würde. Gemeldet hatte ich für die Landesmeisterschaft im Halbmarathon, doch etwa eine Woche vor dem Startschuss kam die Absage für alle Wettbewerbe – bis auf den Marathon. Und was macht man dann, wenn man nicht wirklich trainiert hat, aber der letzte mögliche Wettbewerb für eine nicht absehbare Zeit ein Marathon ist? Noch dazu war der Lauf fast ausgebucht – es galt also, sich erst anzumelden und sich danach Gedanken zu machen, was das nun eigentlich bedeutet.

Nun, mir war klar, dass das sehr weh tun wird. Zumal das Profil mit eine 10,5-km-Wendestrecke nicht gerade einfach ist und das letzte Stück entsprechend schmerzhaft werden wird. Ich versuchte, mich damit zu beruhigen, dass dies ja sowieso das letzte Aufflackern der Laufszene für eine nicht absehbare Zeit sein wird. Es war also ziemlich egal, in welchem Zustand man ins Ziel kommen sollte.

Auf der „Positiv“(mittlerweile ist dieses Wort ja eher negativ besetzt)-Seite stand immerhin, dass ich dankenswerterweise einen mir vom Laufsportladen Dresden bereitgestellten Prototyp des Adidas Adizero Pro testen durfte. Dieser fühlt sich tatsächlich verdammt schnell und bequem an und soll die letzten Prozent rauskitzeln. Dieser Schuh würde also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit all das fehlende Training dieses Jahres mehr als wettmachen (Spoileralarm: tat er nicht).

Die Woche verging aufgrund viel Arbeit viel zu schnell und schon war ich in Lengenfeld und eine Woche nicht gelaufen. Das könnte man bei einem Anflug von grenzenlosen Optimismus sogar als Tapering bezeichen, würde aber voraussetzen, dass vorher tatsächlich mehr Training stattgefunden hätte. Immerhin war das Hygienekonzept ausgereift und mit Einbahnstraßensystem, entzerrten Startbereich (mal keine Einzelstarts!) und Maskenpflicht glaube ich, dass sich an diesem Tag dort keiner infizieren konnte und die Veranstaltung war für mich ein Musterbeispiel, wie unter den derzeitigen Randbedingungen Läufe doch noch stattfinden können.

Das Rennen selbst ist tatsächlich recht schnell erklärt. Wie reizvoll eine 10,5-km-Wendepunktstrecke ist, kann sich jeder selbst ausmalen. Ein überambitionierter Kollege hatte offenbar einen dringenden Anschlusstermin und war schon nach wenigen Kilometern außer Sichtweite. Ich hielt mich in einer recht großen Gruppe auf und wir waren recht zügig unterwegs. Einen Plan hatte ich nicht wirklich und so wollte ich erst einmal schauen, was der Tag so bringt.

Auf dem Rückweg konnte ich mich zusammen mit einem anderen Läufer etwas von der großen Gruppe absetzen und wir quatschten ein wenig. Es war sein zweiter Marathon und er war noch nie so zügig unterwegs. Ich ahnte irgendwie, dass dieses Unternehmen für uns beide heute nicht sonderlich gut ausgehen wird.

Immerhin fühte ich mich zu Beginn der zweiten Runde noch sehr gut und die leicht abschüssige Strecke sorgte für ein flottes Tempo. Ab ca. 28 km merkte ich aber, dass die Oberschenkel langsam Protest anmeldeten. Ich nahm dies zur Kenntniss und konnte trotz zunehmendem Aua ein recht ordentliches Tempo halten. Das ist sonst anders und ich würde das eigentlich dem Schuh zuschreiben wollen. Weiter evidenzbasierte Tests stehen diesbezüglich natürlich noch aus. Der Rückweg wurde dann natürlich schwer, aber darauf war ich mental vorbereitet und lief mein Rennen mit etwas reduziertem Tempo zu Ende. Ein paar Kollegen überholten mich natürlich auf diesem Streckenabschnitt und heuchelten mir Mut zu. Ziemlich im Eimer und nach langen, leicht ansteigenden Kilometern erreichte ich dann endlich das Ziel. Dort war aufgrund des Hygienekonzeptes recht wenig spannendes los und so stieg ich nach kurzer Stärkung ins Fischimobil und ließ mich per Autopiloten nach hause fahren. Dort stellte ich dann fest, dass Aussteigen ein Thema ist. Mit viel Einsatz schaffte ich es tatsächlich raus aus dem Fahrzeug und verendete in der Badewanne. Das war's dann für 2020. Wie erwartet hat sich das Thema Silvesterläufe erledigt und ich befürchte, dass der nächste Wintermarathon erstmalig im Juni stattfinden wird. Das wäre doch auch mal etwas Einmaliges!

In diesem Sinne: Bleibt gesund und vernünftig, kommt über die Feiertage ein bisschen zur Ruhe und – wie ich immer sage – irgendwann sieht man sich sicher wieder an irgendeiner Startlinie dieser Welt!

„And if you don't believe the sun will rise
Stand alone and greet the coming night
In the last remaining light“


Fischi

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen