Mittwoch, 13. Juni 2012

Welsh Castles Relay




Tag 1: Wind, Regen, ARAF

Pünktlich um gemütliche 4:11 Uhr ging für mich am S-Bahnhof die Reise los, mit dem Ziel, irgendwann im Laufe des Tages den Startort der WCR, Caernarfon, zu erreichen. Dies aber erst nach einigem Zickzack durch die Republik, um in Frankfurt auf unseren Deutschland-20er zu treffen.

Aber zuerst (noch vor um 5) die Erkenntnis, dass die Kombination aus Windows und Deutscher Bahn recht tödlich ist (s. Bild), gefolgt von einer Beobachtung zweier Damen, die verzweifelt versuchen, an ihren Autoschlüssel zu kommen, welcher in selbigen lokalisiert war. Zusätzlich noch ein Rabe, der die Abfälle der letzten Nacht durchkämmt. Alles schon viel zu interessant für diese Uhrzeit, deshalb habe ich die Fahrt nach Berlin erst mal verschlafen, wobei nachfolgend der weit längere Teil – Fahrt durch Berlin – von einer überwältigend zu nennenden Durchschnittsgeschwindigkeit geprägt war. Alles nur, weil mein Startflughafen ja noch nicht existiert. Brandschutzverordnung sei Dank.


Der Flug war dann ziemlich turbulent und die Landung kam mehr einen Absturz gleich, dafür klappte es dann in Birmingham geringfügig besser. Jedenfalls haben sie schöne englische Klassiker gespielt bei British Midlands, aber „Rocket Man“ vor dem Start muss nicht sein...
Und auch bei den Ansagen musste ich immer schmunzeln und an George Carlin denken (s. Video).



Einen kleinen Schreck bekam ich nach der Landung beim Blick Richtung Tower: Irgendwer hatte da 5 Ringe dran gehangen, und somit hat irgendwer offensichtlich die Stadt verwechselt, hoffentlich nicht der Pilot. Es sollte nicht das letzte Mal bleiben...

In der Stadt, die sich glücklicherweise doch als Birmingham herausstellte, herrschte dann auch feinstes Englisches Sommerwetter: 10°C, Wind und Regen, angereichert mit Engländern in Sommerklamotten und einer Extraportion Stau. Da wir also teilweise sehr ARAF unterwegs waren, kamen wir mit geringfügiger Verspätung von knapp 3 Stunden irgendwie hier mitten im Nirgendwo an, nachdem wir irgendwie uns unseren Weg über überflutete Passstraßen bei Walisischen Sommerwetter (welches etwas regnerischer als das Englische ist...) bahnten, vorbei an völlig unverständlichen Verkehrsschildern voller „Y“ und „L“, aber dafür ohne Vokale.

Zitat des Tages (Tino Z., 10 min vor der Ankunft, auf überfluteten Staßen): „Seit Sören die 2. Hand am Steuer hat, fühle ich mich etwas besser.“



Tag 2: I hate Crossfoxes!

Raceday. Mutmaßlich typisches Walisisches Sommerwetter. Zumindest hatten wir ersten drei Läufer das zweifelhafte Vergnügen, bei Wind und Regen durch Wales zu brettern. Mein Warmlaufen (was für ein absurder Begriff bei diesen Bedingungen) wird also auf ein Minimum reduziert und dann geht es auch schon los. 12,3 Meilen, erst hügelig, dann flach, dann ein Berg. So postuliert es zumindest das Streckenprofil. Das „hügelig“ war dann schon welliger als gedacht, aber durch die schnellen Bergabpassagen war das Tempo der Spitzengruppe recht hoch. So beschloss ich nach 3 km, dass HM-Tempo wohl doch angebrachter ist und fand dann auch recht schnell meinen Rhythmus.

Nachdem mich dann 2 der Team-Skodas überholt hatten, kam es dann, wie es kommen musste: Die Kreuzfüchse schlugen zu. Zwei rote Augen und eine orange Nase blinkten abwechselnd und es tutete und rauchte heftig. Mir ging sofort das ca. 70-seitige Regularium durch den Kopf, welches die Überquerung aktiver Kreuzfüchse mit Disqualifikation der gesamten Staffel ahndet. Da ich das (auch aus Gründen der eigenen Sicherheit – schließlich kann ich bei weitem nicht allen aus unseren Team wegrennen) nicht riskieren wollte, wartete ich also bis sich das eiserne, dampfende, nicht enden wollende Ungetüm bedächtig mit der gefühlten mittleren Geschwindigkeit einer südfranzösischen Weinbergschnecke über die Straße bewegte. Ziemlich sauer wegen dieser Zwangspause ging es dann weiter. Kurz danach wartete das Alex-Auto samt Insassen, die doch etwas erstaunt über meinen rasant anwachsenden Rückstand waren.

Das letzte Streckendrittel war dann die Hölle :D
Der in der Karte im Mittel als recht sanft angegebene Anstieg entpuppte sich als Wechselspiel zwischen steilen, langen Rampen und kurzen, ebenso steilen, Bergabpassagen. Dazu wurde es mit steigender Höhe und abnehmender Baumzahl zunehmend kühler. Landschaftlich war die Gegend sicherlich wunderbar, gerade auf der Passhöhe, aber viel mitbekommen habe ich davon nicht mehr. Erstens waren bei mir schon so viele Lichter aus (immerhin besser als Crossfox an...), und zweitens war durch meine optische Sehhilfe nicht mehr wirklich viel zu erkennen. Wie auch immer, ich kam irgendwann im Ziel an (wobei mir beim abschließenden Downhill ständig von der Straße vorgehalten wurde, wie ich unterwegs war: ARAF). Dort hörte es natürlich prompt zu regnen auf und es wurde sogar sonnig, was sogar die Einheimischen etwas überraschte (Gestern wurde ich gefragt, ob ich denn auch bei Sonnenschein trainiere...).

So hatte der Rest von uns ziemlich Glück mit dem Wetter und sie kamen alle laufend an. Bis auf Steffen, der gehend das hintere Viertel der Teams ziemlich demotiviert hat. Ziemlich gemein sowas... Geführt haben wir nach Etappe 4 auch sogar mal, aber deswegen sind wir ja nicht hier.

Zur abschließenden Krönung des Tages ist hier im Leisure Center wohl vor lauter Leisure das warme Wasser ausgegangen, aber kalt Duschen bin ich ja mittlerweile hier gewohnt, wenn auch nur im Freien.

Und als Walisisches Wappentier (Ist ein Drache ein Tier?) habe ich mich auch noch versucht...

Morgen kommt übrigens angeblich ein Tiefdruckgebiet.



Tag 3: Princes of the Mountains

Nachdem unsere Ausgangslage in der Kategorie, in der wir vorne dabei sein wollten, ja unter anderem durch meinen kleinen Zwist mit dem Crossfox nicht sehr berauschend war, oblag es heute zuerst Harzi (um 7 Uhr Ortszeit), dann Thomas (Königsetappe) und zuletzt Sören (sollte es uns nochmal ins Land des Roten Drachens verschlagen, dann will ich diese Etappe haben), dies zu ändern. Aber der Reihe nach...

Nachdem ich von der Gemeinschaft der zu-früh-aufstehenden-und-jede-Menge-Hektik-verbreitenden Briten unsanft aus süßem Schlummer gerissen wurde, 3 Scheiben Toast verdrückte (zu je 20p: „Try to get this in Germany!“) und mit viel zu heißem Wasser duschen durfte (im Mittel war das Duschen also sehr angenehm), ging es bei wider Erwarten gutem Wetter (OHNE Regen und später sogar Sonnenschein, erstaunlich bei gefühlten 3 Sonnenstunden im Jahr) auf zur „support- and navigation mission“ (ist nicht ganz einfach, wenn jeder Ort „Llangwyynfllyndyryn“ oder so heißt, und auch noch 6 Mal in Wales vorkommt). Gleich auf der ersten Etappe nahmen wir eine „Abkürzung“ über eine Neben“straße“... Die war auch noch voller Schafe, der dominanten Lebensform in Wales (nach Mäusen und Delfinen natürlich!). Willi Wolli fühlte sich unter Millionen seiner Artgenossen sichtlich wohl und Harzi kochte erst mal den Veteran und mehrfachen Sieger von Etappe 11 eiskalt ab, wobei er seine Kotzgrenze wohl sanft aber nachhaltig überschritten hatte und im Ziel erst mal das Revier markierte. (Foto erspare ich euch, behalte mir aber vor, es gegebenenfalls als Druckmittel einzusetzen...)

Nachdem Stephan seinen Etappensieg denkbar knapp verpasste legte Thomas einen Höllenrit auf der Königsetappe hin und versenkte die geamte Konkurrenz bergauf. Wahrlich eine großartige Leistung, mit der wir uns am Ende auf einen zweiten Rang in der Bergwertung schieben konnten. Nur der RC Serpentine, ein Londoner Laufclub mit mehr als 2000 Mitgliedern, der sämtliche Kategorien wiederholt gewann, lag in der Endabrechnung in Cardiff Castle noch vor uns. Gemeinsam lief dort (fast) das gesamte Team ins Ziel, nur der Rennsteigvauxhall war mal wieder nicht aufzufinden...

Trotz Hotelzimmer statt Turnhalle (Transalp-Feeling Adé!) war Erholung fern, denn morgen sollte es ja auf die Rückreise gehen:



Tag 4: „Wir beginnen jetzt mit dem Landeanflug auf Paris.“

Birmingham Airport, ohne Worte...
Kein Witz. Dieser Satz spiegelt ein bisschen die Odyssee wider, welche ich seit meiner ersten Buchung erlebt habe und die nun fortgesetzt wurde:

  1. Erste Buchung: Berlin-Birmingham direkt
  2. Mitteilung: „Ihr Flugplan hat sich geändert.“, auf deutsch: beide Flüge sind ca. 6 Stunden später und damit nicht mehr machbar.
  3. Umbuchung: Jetzt beide Flüge mit Stopp in Frankfurt.
  4. Existenz des Startflughafens wird negiert.
  5. Mitteilung: „Ihr Startflughafen hat sich geändert.“ (Wie kann man etwas, ausgehend von etwas nicht existenten, ändern?)

Nachdem der Hinflug wenigstens gut funktioniert hat (bis auf die „Landung“ in Frankfurt), waren wir mit unseren Superb-Konvoi (+Rennsteigvauxhall) pünktlich in Birmingham, aber unser Fliecher nicht (6.). Angeblich wegen schlechtem Wetter, aber in Birmingham war es deutlich englischer als in Frankfurt). Trotz einer weiteren Trainingseinheit im Terminal 1 flog FH 182 also ohne mich ab (und landete auch ohne mich, um die Kausalität zu erhalten, 7.). Da die Flüge nach Dresden und Leipzig schon überbucht waren, flog ich also mit dem nächstbesten Fliegzeug nun doch nach Berlin, mit ein wenig Resthoffnung, meinen gebuchten Bus noch zu erreichen. Wider Erwarten waren wir dann wieder gut im Zeitplan und ich hätte nach der Landung (die laut Pilot in Paris war, was mich bei den Blinsen heute vorne in der Hähnchengrube nicht gewundert hätte) ca. 20 Minuten Zeit gehabt. Aber zum Glück gibt es ja noch

  1. Das Gepäckband.
Dieses zeigte relativ zügig an, dass jetzt Gepäck aus Frankfurt kommt. Kam aber nicht... Worauf es sich nach 10 Minuten wieder abschaltete, nur um kurz darauf (nur um mich zu ärgern) wieder ansprang, nach 10 Minuten aber wieder leer stehen blieb. Ein Techniker des Flughafens Tegel (wird Zeit, dass dieser Schrotthaufen abgerissen wird) schaute sich die Sache an, beantwortete keine einzige Frage des mittlerweile bestens gelaunten Publikums und verschwand mit einem genuschelten „ichkümmermichdrum“ im Nirgndwo.
Kurz darauf kam doch tatsächlich Zeug aufs Band und sogar mein blauer Turnbeutel war dabei! Den Bus habe ich natürlich um 5 Minuten verpasst (9.) und nun schlage ich mich mit Hilfe der Deutschen Bahn Richtung Dresden durch. Meine Sorge, ein Kartenkauf könnte durch einen übervollen virtuellen Speicher scheitern, erwies sich zum Glück als unbegründet, obwohl das dieser Geschichte doch einen wunderschönen geschlossenen Handlungsstrang beschert hätte.

Fischi




Zur Belohnung an die Finisher dieses Eintrags: Die Auflösung vom letzten Mal lautet: „Sie werden beide von Elisabeth regiert.“ Bis bald!

1 Kommentar:

  1. Klasse Beitrag, ich habe mich köstlich amüsiert! Und lag natürlich falsch beim Raten...

    George Carlin ist brillant!

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