Montag, 27. August 2012

Transschwarzwald 2012


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Wie bin ich hier bloß hergekommen?
Eigentlich wollte ich ja keine Mountainbike-Etappenrennen mehr fahren, aber da ich irgendwann Ende letzten Jahres (genauer gesagt: auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt) hinterlistig überfallen wurde und danach offensichtlich mit Ellis Papi im Team angemeldet war, muss ich morgen wohl doch ran.
Nun sitze ich hier im Schwarzwald, den ich nebenbei bemerkt (noch) sehr schön finde und hoffe, dass alles nicht so schlimm wird. Ich fürchte nur, diese Hoffnung ist angesichts der Streckenprofile vergebens, aber noch lebe ich ja.
Jedenfalls ist unsere Bleibe für die nächsten Tage sehr idyllisch im Tal gelegen. Auf deutsch: Man hat hier sowas von keinem Handy-Empfang und über die Verfügbarkeit von Internet muss ich glaube ich nichts sagen ;-)
Alles nicht weiter tragisch, bleibt man doch gut in Form, wenn man zum telefonieren ca. 200 Höhenmeter zurücklegen muss. Nun gut, bei der Buchung scheint irgendjemand der Starks angegeben zu haben, dass nur Guidös oder Patricks kommen. Da nun aber keiner von denen dabei ist (was ja nur beim Guidö verwunderlich ist, was mich daran erinnert, dass eine Vortäuschung einer Krankheit vielleicht gar keine so schlechte Idee gewesen wäre), müssen wir uns hier mit einer Deckenhöhe von gefühlten 1,82 m durchschlagen. Gestern beim Duschen fühlte ich mich direkt etwas wie Dirk Nowitzki, als ich ständig mit dem Ellenbogen gegen die Decke stieß...




Tag 1: Donaueschingen – Grafenhausen: „Go for Go!“

Raceday. Nun sollte sich also zeigen, ob meine „intensive“ Vorbereitung ausreichend war. War sie anscheinend übrigens nicht...
Jedenfalls ging Ellis Papi (der ja eigentlich EdFK heißt, aber des Weiteren mit EP Vorlieb nehmen muss) ziemlich flott an und überholte erstmal hunderte Fahrer. Ich mit zunehmenden Respektsabstand hinterher...
Zwischendurch hat sich dann noch irgendeine rosa-getigerte Kamikaze-Fahrerin durchs Feld geprügelt. Als sie dann 2 Fahrer vor mir war, ist sie im Busch hängen geblieben und hat sich mit einem Quieken Richtung selbigen verabschiedet. Ein Problem weniger...
Als dann an einem der letzten Anstiege der EP noch meinte, er überlege, wie er hier schieben könne, war es also klar, dass der Fischi dann doch etwas langsam unterwegs war. Aber dennoch fuhren wir ziemlich konstant durch die Gegend und wurden auch nicht überholt (im Gegenteil), also alles im grünen Bereich. Bis 4 km vor dem Ziel, wo der EP es fertigbrachte, eine seiner Speichen zu entsorgen, was bei Tubeless-Reifen zum sofortigen Druckabfall führt. Also schnell ein Schlauch eingezogen und weiter im Text. Im Ziel ging es mir dann wieder recht gut und ich bin auf die nächsten Tage gespannt, an denen noch etwas an der Höhenmeterschraube gedreht wird.
Am Streckenrand gab es heute übrigens ein paar Schwarzwälder, die ein Schild mit der Aufschrift „Go for Go!“ hoch hielten. Das mag auf den ersten Eindruck keinen Sinn ergeben... und in der Tat, es ergibt auch keinen. Morgen wird alles besser..
müdes Fischi

Tag 2: Grafenhausen – Schonach: E-Bike gefällig?
Heute ging es zum Ort mit der größten Kuckucksuhr der Welt. Der Wahnsinn! Und als „Streckenhighlight“ vorbei an irgendeiner doofen Brauerei. Was auch immer. Jedenfalls meinten die Kommentatoren am Start, dass es heute auf der ersten Hälfte recht schlammig werden könnte, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass es die ganze Nacht lang geregnet hat. Wunderbar!
Von den versprochenen Schlammpackungen war erstmal nicht viel zu sehen, aber der EP machte wiedermal ab Beginn mächtig Druck und und radelte bald fröhlich quatschend 20 m vor mir...
Trotzdem lief es am Anfang ziemlich gut und wir überholten viele parkende Mitstreiter. Auch Küfis Papi kam bald in Sichtweite, aber der Schlamm ließ dann noch eine Weile auf sich warten, kam dann aber in überwältigender Überzahl. So schlidderten wir die Abfahrten herunter und ich hätte mir beinahe noch einen Extra-Stromschlag vom Weidezaun geholt. Nach ein bissel Geschiebe, wo ich eine Menge Plätze gutmachen konnte (aber natürlich anschließend wieder auf EP warten musste), ging es dann auch bald in den letzten langen Anstieg und der EP meinte, dass es ihm nicht mehr besonders gut ginge. Aber das Ziel war nicht mehr weit und ca. 300 m davor musste er sich noch seine Kette irreparabel mehrfach verknoten, sodass ich ihn bis zum Ziel geschoben habe. Da das TBR-Mixed-Team heute Zweiter war, durften wir auch noch eine ganze Weile da bleiben. Eigentlich wollte ich ja mein Rad reparieren, da es pro Radumdrehung 4-5 verschiedene Geräusche macht, aber das muss wohl warten.
Highlight heute am Streckenrand: Ein Schild mit der Aufschrift: „E-Bikes zu vermieten!“ Ich hätte fast zugeschlagen ;-) Aber es lief heute ja schon um Einiges besser als gestern. Morgen gibt’s viele Abfahrten, da sollten wir chancenlos sein...


Tag 3: Schonach – Bad Rippoldsau/Schapach: Level 2

Nach einem kurzen Anstieg zu Beginn ging es heute eine lange Abfahrt herunter, an der ich den EP beinahe verloren hätte und das Elli schon sehr nervös wurde. Als ich aber beim folgenden endlos langen Schiebestück den Schongang (im wahrsten Sinne des Wortes) eingelegt hatte, tauchte er wieder auf und ich war erstmal erleichtert. Aber nicht lange, denn ab dem Schiebestück tauchte die Geräuschkulisse wieder auf und ich machte mir mit meinem ca. fünf-stimmigen Konzert recht wenig Freunde. Irgendwie macht es aber auch verdammt viel Sinn, ewig lange Schiebepassagen an den Beginn einer Etappe zu legen. Zumindest fällt mir das als Läufer anscheinend leichter als vielen Radfahrern und so konnte ich an solchen steilen Stücken sogar etwas entspannen.
An den wenigen Anstiegen, die dann doch auf dem Arbeitsgerät zu bewältigen waren, machten wir auch wieder reichlich Boden gut und bald kam auch schon die altbekannte Kamikaze-Fahrerin in Sichtweite, was mir etwas Unbehagen bereitete. Zurecht, wohlgemerkt, denn als ich wiedermal direkt hinter ihr war, zerstörte sie mit dem Versuch, unter Volllast zu schalten, ihre Kette, was sie mit einem lauten Quieken kommentierte, gefolgt von ein paar italienischen Flüchen. Nun hatten wir also wieder unsere Ruhe und konnten die schöne Landschaft genießen. Die Strecke der letzten 20 km kam mir dann vom Vorjahr sehr bekannt vor, damals sind wir sie in umgekehrter Richtung gefahren. Inklusive einem ca. 75 cm breiten Tunnel mit Kurve und unebenen Boden, der mich dank dunkler Sonnenbrille über alle möglichen Bedeutungen des Namens „Schwarzwald“ nachdenken ließ. Die folgenden Trails möchte ich mal frei nach Uli Stancio als recht „flowig“ bezeichnen, auch wenn ich in der Artistik-Wertung immer noch nicht zum Vater aufholen konnte, der nach wie vor knapp mit 1:0 führt. Kurz vor Schluss (4 km) dann die Gemeinheit des Tages: Wir fahren ca. 100 m am Ziel vorbei, aber dürfen noch ein kleines Schleifchen mit ca. 200 hm drehen. Mit viel Wut und etwas Cola im Bauch und viel Gequietsche wurden diese auch noch vernichtet.
Jetzt habe ich wohl einen Tinnitus und mein Hinterrad schafft noch etwa eine halbe Umdrehung. So wird das schwer, dem EP zu folgen. Level 2 eben.
Laura und Basti konnten heute sogar gewinnen, während Mani dehydriert im Bett liegt. Anscheinend völlig normal in dieser Familie ;-)


Tag 4: Bad Rippoldsau/Schapach - Sasbachwalden
Heute sollte es wieder viele Trails bergab geben. Es sah also mal wieder düster für uns aus, also wurde erneut Überleben als Tagesziel definiert. Jedenfalls ging es erstmal bergauf und der Vater machte wie gewohnt Druck. Da wir dank des guten Ergebnisses von gestern mittlerweile einen viel schöneren Startblock haben, überholten wir die „üblichen Verdächtigen“ schon früher als gewohnt. Ansonsten ging es wie immer munter rauf und runter, aber das ist ja bei über 10000 Höhenmetern an fünf Tagen relativ klar. Das runter war an einer Stelle wirklich sehr munter. Zumindest war es recht „grobkörnig“ und der EP reihte seine Reifenflanke in die lange Liste von von Starks zerstörter Racing-Ralph-29er ein. Also wieder einmal Zeitverlust und dank „Milch“ im Festkörperzustand auch keine Dichtheit. Ich weiß irgendwie auch nicht so ganz, was das ganze Tubeless-Zeuch soll, denn (Spoiler!) auch mein 3. Etappenrennen ging defektlos an meinem lieben Radon vorüber.
Apropos Defekte: Beendet wurde die Etappe mit steilen Trails bergab mit vielen Mitstreitern, die ebenfalls ein kreatives Päuschen zur Reifeninnendruckerhöhung einlegten. Hier kamen wir aber defektfrei runter. Anders als Küfis Papa, dem wir kurz vor der Ziellinie begegneten und der seinerseits den Schwierigkeitsgrad dank delokalisierter Hinterradbremse erhöhte.
Laura und Basti haben schon wieder gewonnen und ich dachte, dass ich nach einem Wechsel der Bremsbeläge wieder geräuscharm durch die Gegend gurken kann. Nix da... Nach der ersten Abfahrt war mein Orchester wieder da und ich im Ziel völlig bedient. Irgendwie hat der Techniker dann die Bremsen doch annährend schleiffrei bekommen, aber das half vorerst nur im Schieben. Beim Fahren das bekannte Bild (bzw. Geräusch). Jetzt ist das Rad interessanterweise trotzdem wieder geräuschlos und ich hoffe, dass das morgen bitte so bleibt. 95 km mit 2440 hm halte ich allein psychisch nicht mit so einer !?%&$§ durch...
Der Mani wurde übrigens inzwischen ins Krankenhaus gebracht und ich habe ihn mit Elli abends noch besucht. Es wird immer interessanter hier. Schade, dass der Spaß morgen schon vorbei ist.
Ach ja, ich darf feierlich den Ausgleich zum 1:1 verkünden. Glücklicherweise gibt es leider (ooooch...) keine Zeugen, wie sich der Fischi in einer sich im Nachhinein doch als zu eng erwiesenen Linkskurve sich sportlich aber unelegant über den Lenker verabschiedet hat. Es bleibt hier also spannend...


Tag 5: Sasbachwalden - Pforzheim

Ist doch schön, wenn der heißeste Tag des Jahres mit der längsten und schwersten Etappe, die noch dazu viel früher startet als sonst (und wir die längste Anreise aller Tage haben) zusammenfällt. Selbst mein Radon hat so viel Bammel, dass es lieber nix sagt. Würde ich ihm auch raten! Nur gut, dass wir gestern am Ende den ganzen verfl&§/!$&% Schwarzwald runter gefahren sind, also gibt es heute erstmal knapp Tausend Höhenmeter nahezu am Stück zum Frühstück. Ansonsten gibt es erneut noch mehr Berge, Abfahrten, Trails, Täler, usw. Alles ganz fein, aber irgendwann muss ja auch mal gut sein.
Als wir durch ein Festzelt fahren, zweifle ich kurz an mir, ob ich lieber dem Mani Gesellschaft leisten sollte. Da die anderen angeblich aber auch durch das Zelt gefahren sind, scheint es also wirklich so gewesen zu sein. Wenigstens war die Stimmung super.
Der Vater macht wie gewohnt mächtig Betrieb und ich hechel in gewohnter Manier hinterher und sammle ihn bergab wieder ein. Ein paar Kettenklemmer machen den EP dann doch etwas nervös und als er vor einer Kurve zwar bremst, aber nicht lenkt und vor dem Absperrband stehen bleibt, ermahne ich ihn, sich für die letzten Kilometer zu konzentrieren.
Etwa 6 km vor der „final destination“ scheint der EP dann doch noch in letzter Minute die Sturzwertung für sich entschieden zu haben. Jedenfall kam er nach der Abfahrt ziemlich bedröppelt angefahren und meinte, sich nicht erinnern zu können, was passiert sei. Ich fuhr mit ihm relativ gemächlich ins Ziel und – um eine längere Geschichte kurz zu halten – wir haben ihn im Krankenhaus gegen Mani getauscht...
Laura und Basti haben leider den Gesamtsieg mit 6 Sekunden unglaublich knapp verpasst, nachdem sie heute über 11 Minuten aufgeholt hatten.



EPILOG
Nachdem ich also neben dem Markus der letzte unserer 7 Fahrer bin, der nicht von Erbrechen und Durchfall geplagt wurde und auch alle Betreuer (außer Ellis Mama) inklusive der kleinen Tessa sich leerspülen ließen, hoffe ich jetzt mal, dass es mich nicht auch noch verspätet erwischt. Unser Lazarett in den Vogesen war dann doch sehr schön, auch wenn ich die meiste Zeit mit dem Gesundpflegen meiner Elli verbrachte. Meine Bremsen halten bis jetzt auch den Schnabel und jetzt gehts wieder ans Laufen.

Fischi

TBR-Bike Team nach getaner Arbeit in den Vogesen

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