Mittwoch, 1. August 2012

Olle Kamellen: Transalp 2010

 Aus dem (leider bald) aktuellen Anlass heraus, dass in 2 Wochen erneut die Trans-Schwarzwald ansteht, gibt es hier - sozusagen als "Leckerlie" - unseren feinen Bericht aus dem Jahre 2010, wo Fischi und Küfi die CBTApbN (ausgeschrieben ist mir der Titel der Veranstaltung zu lang und enthält zu viel Schleichwerbung) in Angriff nahmen. Viel Spaß und denkt immer daran: Es gibt keinen Plan B (mehr)! 


Fischi




Transalp-Traum ...

oder doch Trans-Albtraum?



An dieser Stelle wird ein (höchstwahrscheinlich sehr unregelmäßiges) Tagebuch von der Transalp-Challenge entstehen. Ich hoffe, dass es unterwegs immer mal aktualisiert werden kann, befürchte aber, dass erst am Ende eine komplette Version online gehen wird :) Also keine Sorge um uns, wenn nichts verlautet. Wir kommen klar.
Oder wie Adrian meinte: "Also wenn ich nichts von euch höre, ist alles gut."
viel Spaß

Basti:
Alles beginnt mit einem Gewissenskonflikt. Ohne das Durchbrechen
mindestens einer allseits geforderten Verhaltensregel komme ich da nicht
raus.
"Fahr vorsichtig, ja?!" lautet die Aufforderung der Schwester.
Was nun? Ehrlich bleiben UND die Schwester nicht vor den Kopf stoßen
geht nicht.
Es ist Transalp. In meinem Kopf streiten die Möglichkeiten, erschwerend
kommt der durch ihren erwartungsvollen Blick hervorgerufene Zeitdruck zu
antworten hinzu:
1. Lügen: "Klar doch. Mach ich. Keine Angst."
2. Wahrheitsvariante: "Spinnst du? Es ist DAS MTB-Etappenrennen!"
Letzteres scheidet wegen der zu erwartenden Diskussion mit
vorhersehbarem Ausgang aus.
So viel zu den nicht direkt involvierten Personen.

Dann ist da noch Fischi. Mein selbstgewählter Intim-Freund/Feind für 8
Tage. Der Fairness halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass ich die
Sache eingerührt habe, nachdem die ursprüngliche Planung, ein Mixed-Team
zu bilden, ziemlich plötzlich und unerwartet kurz vor Meldestart
zusammengebrochen war. Um den zusätzlichen psychischen Zusammenbruch von
Basti zu umgehen, erklärt Fischi sich Mitte November bereit, das Wagnis
einzugehen. Das Ganze basiert allerdings auf arglistiger Zurückhaltung
und Verharmlosung diverser Streckendetails bei der Beschreibung dessen,
was da (in noch ferner Zukunft) auf uns wartet. Ich befürchte, dass das
nicht die richtige Grundlage einer Bindung mit Maximalabstand von 2min
für 8 Tage sein dürfte...

"Axel meinte, tausche die Zughüllen nicht aus." sagt Fischi auf die Frage, ob er meinen Ratschlag befolgt hat. Ein diabolischer Plan reift in meinem
Gehirn: Axel wird angewiesen, Fischis Züge zu tauschen. Fischi wird
nicht informiert.
Mir schwant, dass das Gespräch mit meiner Schwester nur der Anfang einer
Kette von (Gewissens-) konflikten, Ablegen sozialer Normen und Werte und
Verwerfen der Selbstachtung sein könnte.
Denn es zählt nur eins: 8 Tage. 600km. 20000 Höhenmeter. Transalp.


Fischi: Ok, irgendwann im Herbst letzten Jahres kam einer von uns auf die
glorreiche Idee, die Transalp zu fahren (kleiner Tip: ich wars nicht!). Na
gut, irgendwie haben wir es sogar durch die Anmeldung geschafft, die
nach einer Viertelstunde voll war und dann gab es wohl kein
Zurück! Im Frühjahr war das alles auch verdammt weit weg, aber "the
problem of the future is that it keeps turning into present"...
Also bin ich dann doch öfter unterwegs gewesen und habe mich auch
zunehmend besser gefühlt. Ob das reicht, weiß ich nicht und ich will
es auch nicht wissen, wenn ich es mir recht überlege. Zumindest um die
Radfahrqualitäten meines Teampartners braucht man sich bekanntermaßen
ja keine Gedanken zu machen (außer mir natürlich, denn es dürfen an den
Etappenzielen höchstens 2 Minuten zwischen uns liegen). Das wird
entweder sehr langweilig für Basti oder sehr anstrengend für mich. Ich
vermute, beides...
Es beibt für mich nur zu hoffen, dass Bastis kleiner Ausflug nach Frankfurt und Umgebung vor zwei Wochen die Vorfaktoren etwas angeglichen hat.
Zumindest mein Rad präsentiert sich nach Behandlung durch die Jungs
von RAD 'n ROLL in Bestform. Sogar neue Zughüllen habe ich ja jetzt, ohne dass ich etwas davon mitbekommen hätte... Daran sollte es also nicht scheitern.
Sehr interessant ist auch das Reglement, mit hübschen Sätzen wie "Es ist dem Können entsprechend zu fahren", "Gegenverkehr ist möglich, sogar wahrscheinlich" oder "Bei Defekten und Verletzungen ist, soweit dies möglich ist, die Strecke sofort frei zu machen". Die Jungens haben echt Humor. Mal sehen, ob ich im Ziel auch noch welchen habe.
Es war sehr schön euch alle gekannt zu haben...

Tag 0: Vor dem Sturm

Der Tag fängt ja ganz schön beschissen an. QFT-Klausur. Panik. Schlüssel weg.
Egal.
12:00. Die letzte Prüfung des Studiums ist um.
"Ich mache mir eher Sorgen um die folgenden Prüfungen..." sagt Fischi.
13:00. Abfahrt nach Füssen, stilecht zu Weihnachtsmusik ;)
Angekommen, fällt erstmals die etwas chaotische Organisation auf. Pastaparty nicht entnüchternd sondern ernüchternd.
Fischi erlebt noch 3 Tageshöhepunkte:
1) Die Entgegennahme des neuen High-end Radcomputers
2) Die Annektierung der mit Abstand größten Schlafmatte (2*3*0.5)m
3) das "versehentliche" Verlaufen in die Damendusche

Licht aus. Gute Nacht


Tag 1: Alles, was ein Ende hat, muss auch einen Anfang haben


Die gute Nachricht: gesund in Imst angekommen. Die letzte Rennwoche hat begonnen.
Die Schlechte: Zwischen uns und den nächsten Etappen liegen mehr als nur die Strecke und körperliche Ausfallerscheinungen.
Gewitter. Schlammlawine.
Alles abgesagt wegen Regen?
Zu heute: schneller Start. Viele Berge vorm Berg. Am Letzten bringt Fischi den Spruch des Tages:
"Weil Du mit deiner Freundin nicht klargekommen bist, muss ich diesen scheiß Berg hier hochfahren!!!"
soviel dazu.
Gespannte Erwartung der morgigen Jury-Entscheidung.
Fischi hofft auf Regen.
Fischi (beim Durchlesen des Berichts):"Hä?"
B: Haste doch eben gesagt."
F:"Nee, hab mich umentschieden, als er gesagt hat, dass das dann 20km mehr sind..."

Der Regen prasselt auf das Dach der Halle und hat direkt neben uns durchschlagenden Erfolg" ;)








Tag 2:Kein Zielfutter und grünes Granulat

Nachdem beim Frühstück die eigentlich obligatorische Nutella-Schlacht durch mangelndes Angebot komplett unterbunden wurde (F: „15g Nutella machen Basti auch nicht schneller“), ist die logische Konsequenz natürlich das Auslassen der ersten Verpflegungsstelle.
Die erste Abfahrt des Tages löst durch die für uns neue Erfahrung, bergab konkurrenzfähig zu sein, leichte Euphorie aus, welche in den „technischen Passagen“ feierlich ins Tal getragen wurde.
Das Ziel (Ischgl) liegt allerdings nicht dort, sondern deutlich weiter oben. Die dortige Zielverpflegung nähert sich jedoch dem Niveau des Frühstücks an (unterer Limes...)
Übrigens nutzt Basti die Neutralisationsphase im Wortsinn, um das nachfolgende Feld zu neutralisieren...
Zitat des Tages: Basti: „Ich war's nicht!!!“

Und die erste bleibende Erinnerung: grünes Granulat in allen Klamotten.

Tag 3: Skôl, ach nee, Scuol


Zum Frühstück gibt’s nur 15g weniger Nutella als gestern.
Perfekter Start zur Kletterei auf das Dach der Tour, die unsere temporäre Bindung auf eine 20 minütige Zerreißprobe stellt...
Das dritte Frauenteam überholt uns fast schon traditionell in der Abfahrt, was Fischi zu waghalsigen Fahrmanövern verleitet. Am zweiten (S)Pass des Tages werden Ameisenstraßen mit Fahrerkolonnen verglichen. Die nachfolgende Abfahrt zwingt uns, „mittelschwere“ (Streckenchef) Fahrtechnikpassagen zu fahren (zu spät gesehen, Absteigen verpennt, Schieben nicht mehr möglich)
Heil durchgekommen: zum eigenen Erstaunen.
Die letzten 30km flach und schnell.
Im Ziel (Scuol): Steit mit der Buffet-Tante um eine Flasche Cola.
Die Geschichte der Pastapartys dieser Tour erlebt in knapp 3000m Höhe einen vorläufigen Höhepunkt.
Übernachtung dann zumindest für den gesamten Küfner-Anteil unter freiem Himmel...
Zitat des Tages: Papi: „Ich hatte noch nie Schnee zum Geburtstag...“

Tag 4: Landschaftsgegurke

Zitat des Tages diesmal schon am Start:
Fahrer 1: „Heute soll die landschaftlich schönste Etappe werden“
Fahrer 2: „Mir egal, ich seh' nur Schotter“.

Frühstück für alle außer Fischi, der keine feste Nahrung aufnehmen kann.
Die Etappe beginnt gemütlich mit dem ersten Pass.
Danach: Siehe Überschrift... Berge (hoch+runter), Felsen. Täler, Bäume, Bäche und Schotter von Nahem, Schnee und Kühe. Alles in nicht mehr rekapitulierbarer aber abwechslungsreicher Reihenfolge.
Anmerkung von Basti: Auch Seen, selbst wenn Fischi das noch abstreitet...
Zielverpflegung und Pasta-Party: genial. Italienisch.
Anmerkung Fischi: Irgendein Torfkopf scheint meine benutzte Radhose vom Klettergerüst geklaut zu haben.

Morgen Königsetappe. Gute Nacht.

Tag 5: Passo Mortirolo

Frühstück geil. Infinite Steigerung der Nutella-Dosis.
Anschließend die Meldung, dass die aktuellen Überlebenschancen nur noch bei 99,9% liegen und die Erfahrung, wie lang eine Minute sein kann...

Heute soll der Radcomputer erstmal Überstunden im dreistelligen Bereich leisten...
Erster Berg: Schlange stehen...und Einsetzen läuferischer Fähigkeiten zum Positionsgewinn. Nach flüssigen Flow-Trails und die Einbalsamierung von Fahrern und Rädern durch Staub, was die Kette bei jedem Tritt mit jämmerlichem (hier steht bestimmt ein passenderes Wort in der handschriftlichen Aufzeichnung, ich kanns aber nicht mehr lesen...) Quietschen quittiert.
Danach: 1700 Höhenmeter runter, wobei sich die Handgelenke mit dem Kopf über die Entscheidung des Loslassens des Lenkers uneinig sind.
1500m hoch. Der „Pass des toten Mannes“. In der Hauptrolle: Fischi.
Anschließend in einer kleinen Nebenrolle (wieder im Wortsinn) im Downhill: Basti mit dem Versuch eines Salto Mortale, der eine 8.0 auf der Felgenskala zur Folge hat.
Vom Rest der Etappe weiß zumindest Fischi nicht mehr viel außer das ständige Fluchen des vor sich hin eiernden Basti.
Zitat des Tages: Fischi: „Gute Nacht und wacht morgen alle wieder auf“



Tag 6: Nicht nur die Gefühle überschlagen sich

Während dieses Satzes ist wegen akutem Ideenmangel für den Anfang des Tagesberichtes der Inhalt einer Kekspackung vernichtet worden.
Drittletzte Etappe. Die obligatorischen zwei Stunden bergauf am Anfang können ja mittlerweile eigentlich unerwähnt bleiben. Danach ein „flowiger“ (was für ein überflüssiges Wort) Trail, in dessen Fluss Basti seinen Salto Mortale vom Vortag zu optimieren versucht. Um diesmal das Hinterrad zu sichern, wird der Körper als Polster zwischen Boden und Rad verwendet. Zum Glück auf der richtigen Seite, denn auf der anderen glänzt der Boden durch Abwesenheit und taucht erst 1200m weiter unten wieder auf...
Um den Schwierigkeitsgrad dieser eigentlich ziemlich leichten Etappe doch noch zu erhöhen, entschließt sich Fischi, etwa 15km mit offenem Schnellspanner unterwegs zu sein.
Letzter Aufreger des Tages wird eine Holzbrücke 15km vor dem Etappenziel, die in drei 40cm hohen Stufen (runter) endet. Anhalten ist für Basti nicht mehr möglich. B: „Ich bin jetzt noch davon überzeugt, dass das Ding nicht fahrbar war.“
Im Ziel in Malé in Sachen Verpflegung nichts außer Monstermelonen. Der Versuch, die morgige Zielverpflegung aufzubessern, ist im Ansatz gescheitert. Alle drei Kekspackungen sind leer.
Zitat des Tages:
F: „Alles ok?“
B: „Frag nicht!“
F: „Zu spät“


Tag 7: Das Vorletzte

Nachdem bei den letzten Etappen nur das Überleben zählte, („Das Überleben unterscheidet den Fischi von gewöhnlichen Bikern“), geht’s heute bergauf. Und fast nicht runter.
Um Fischi nicht den ganzen Ruhm alleine zu gönnen, entschließt sich Basti nun seinerseits, den Schnellspanner offen zu lassen, getarnt durch eine akrobatische Einlage in der neutralisierten Phase. (VOR der Startlinie) (Anm. Basti: Also bin ich AUF der Etappe nicht hingefallen!)
Zur Etappe: Steile Laufpassagen und viele Höhenmeter ohne Abfahrt sind aus naheliegenden Gründen von Vorteil für uns, während technische Trails glücklicherweise eher rar gesät sind. Wir bewegen uns in bisher unbekannten Regionen des Feldes (Alle Teams um uns herum haben mindestens schon 2h Vorsprung in der Gesamtwertung...). Die letzte Abfahrt wird dann noch durch einen klitzekleinen Wolkenbruch geflutet.
Sonst nicht viel Berichtenswertes außer einem Streckenesel, der in der Auffahrt rumrennt, und außerdem unsere zweisekündige Präsenz im Tagesvideo.
Morgen stehen „harte Trails“ auf dem Plan, speziell die letzten km runter nach Riva sollen alles Bisherige in den Schatten stellen, und das ist aus unserer Sicht nicht einfach... Die Taktik ist also auf das reine Überleben von uns und den Bikes ausgelegt.
Zitat des Tages: Sprecher der Tour: „Guten Morgen Malé! Falls Ihr euch wundert, wieso wir so still sind: Nein, es ist kein weiterer Teilehmer verstorben, sondern nur eine Messe in der Kirche nebenan.“

Anmerkung(gerade passend): Soeben haben Bastis Adleraugen auf der anderen Seite des Camps Fischis geklaute Rad 'n Roll-Hose erspäht.


Tag 8: The 8th day of the week

Zitat des Tages: „What a fuckin' mess!“ (australischer Teilnehmer)

Dies bezieht sich auf das Frühstück: abartig, wenig und spät.
Die Etappe beginnt ziemlich kalt und nervös mit 10 km „Neutralisation“ bergab. Am nächsten und letzten Pass der Transalp ist wieder Schlangenlinien-Fahren angesagt, damit das Ergebnis der Etappe noch einigermaßen versöhnlich gestaltet werden kann. Das Vorhaben scheitert aber im folgenden Etappenverlauf auf ganzer Linie... Der letzte Trail runter zum Gardasee ist eindeutig in die Kategorie „für uns nur watschelbar“ einzuordnen. Für manch anderen, welcher die Transalp jetzt stilecht im Krankenhaus beenden, wäre dies (8km vor Riva) wohl auch eine bessere Idee gewesen.
Abschließend im Gardasee Enten ärgern und Hähnchen verspeisen.


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