Dienstag, 14. Mai 2013

Nichts Halbes und nichts Ganzes

Der USV Erfurt im Ziel.
Fangen wir mit einer kleinen Geschichtsstunde an: Meine gute alte Heimatstadt wurde im Jahre 742 erstmals urkundlich durch den Missionserzbischof Bonifatius aus Mainz urkundlich erwähnt. Anschließend wurde das Bistum Erfurt mit dem aus Mainz vereinigt. Ab 1664 wurde dann sogar ein Mainzer Statthalter in die Kurmainzische Statthalterei (später als Staatskanzlei und "Vogelnest" bekannt) eingesetzt, bis es dann schlussendlich 1802 nach Preussen und 1807 nach Frankreich ging. Was davon blieb, ist eine Städtepartnerschaft zwischen Erfurt und Mainz und auf dieser Grundlage wurde der USV Erfurt von der Stadt Mainz zum Gutenberg-Marathon Mainz eingeladen. Und sowas kann man sich natürlich nicht entgehen lassen...


So machte ich mich am Samstagmorgen zusammen mit Frank, Jörg, Tobias, Kristin und Andi auf den Weg nach Westen, Marcel wollte erst am Sonntag anreisen. Da irgendwas mit der Buchung eines Kleinbusses nicht geklappt hatte, musste auch das Fischimobil (zusammen mit Hildegard, die uns diesmal ohne Aussetzer ans Ziel brachte) als Transportmittel herhalten. Kaum am Sportzentrum der Uni Mainz angekommen, gab es auch schon das erste Highlight des Tages: Wir wurden Zeuge, wie eine Dame in eine mittelgroße Parklücke einparken wollte - und zwar mit einem "übergroßem" Fiat 500 - nahezu ein Ding der Unmöglichkeit! Zirka 50 cm vom Bordstein entfernt gab sie nach einigen Minuten auf und ihr Mann, der Beifahrer war, stieg aus und fragte uns, was wir denn so komisch finden würden... Dem Lachkrampf recht nahe, brachte ich gerade noch die Frage raus, ob ich noch ein Stück vor fahren sollte. Daraufhin folgte eine etwa 5-minütige Erklärung, dass man in diesem Elefantenrollschuh keinerlei Sicht nach hinten habe. Ich glaubte ihm ja, allerdings sieht man ja durch hingucken, dass dieser Kleinstwagen mindestens zweimal in diese Lücke gepasst hätte und es auch ohne Sicht kein großes Problem gewesen wäre, dieses Ding dort ordnungsgemäß abzustellen. Wie auch immer, er bot mir mehrfach an, es selbst einmal zu versuchen, aber als ich zunehmendes Interesse bekundete, wollte er dann doch nicht. Wahrscheinlich hätte ich seine mühsam aufgebaute Argumentationskette zerstört (Seine Frau hätte übrigens seit 30 Jahren nicht mehr seitlich eingeparkt)...

Nachdem wir dann unsere Zimmer bezogen haben, ging es auf zur Marathonmesse und dort wurde mir so langsam bewusst, dass man am Sonntag freie Streckenwahl haben wird, egal für was man gemeldet hatte. Schön, also kann man mal eben nach einer HM-Bestzeit noch schnell den Marathon fertig laufen. Jedenfalls reifte im Laufe des Tages in mir die Idee, den angebotenen 2/3-Marathon zu laufen. Davor gab es aber noch Pasta-Party mit hochwertiger Kost, aber "einfachen" Teilnehmern. Generell bleibt festzustellen, dass der Mainzer sich gerne an der längsten Schlange anstellt. So gab es ganz rechts eine Schlange von etwa hundert Leuten, während ich bei einer der mittleren von acht Essensausgaben fünf Mann vor mir hatte. Jedenfalls spart dieser Herdentrieb eine Menge Zeit.

Am Abend gab es dann noch Pizza und anbei die Nachricht, dass Sören Kah auch dabei ist und seinen "langen Lauf" spontan nach Mainz verlegte. Kristins Nachfrage, was denn dieser ominöse lange Lauf sein sollte, beantwortete er mit "30 km, vielleicht auch nur 2/3-Marathon". Wunderbar, ich stellte mir also den Rest des Abends vor, wie ich von Herrn Kah im "Fettverbennungspuls" abgefrühstückt werde, schlafe aber wie ein Stein.

Meine Ankündigung, drei Stunden vorm Start zu frühstücken, schien allerdings beim Rest der holländischen Nationalmannschaft nicht angekommen zu sein und so saß ich erstmal alleine da. Draußen ging dabei erstmal die Welt unter, aber als wir uns auf den Weg zum Start machten, wandelte sich der mittlerweile leichte Regen in starken Niesel und zog nach Osten, wo sich dann die MTB'ler in Arnstadt, denen ich am Freitag beim Bergsprint noch zugeguckt hatte, damit herumschlagen durften. Irgendwie gönnte ich dieser Laberbacke von Moderator auch ein bissel das Wetter. Wir hingegen bekamen zunehmenden Sonnenschein und einen ebenso aufdringlichen Moderator, der diesmal aber eher in die Kategorie "tanzendes Walross" einzuordnen wäre. Der Dixi-Gang erledigte sich dank stupider Anstellerei der Mainzer an den ersten drei Dixis recht schnell, da zehn Meter weiter etwa 15 Dixis frei waren. Nur Einlaufen war auf dem engen Startgelände kaum möglich, aber ich hatte ja heute genug Zeit.

Mit dem Startschuss setzte sich also unser "Provinzteam aus der ersten Reihe" in Bewegung. Die nun folgende HM-Runde durch die Mainzer Innenstadt war etwas welliger, als ich erwartet hatte, aber insgesamt schön zu laufen und von der Stimmung her wohl mit das Beste, was ich je erlebt habe. Mir war ja bewusst, dass die Mainzer ja ein lustiges Völkchen sind (Stichwort Karneval), aber eine so große Zuschauer-Resonanz habe ich nicht erwartet. Nach den gefühlten 15 Leuten, die beim OEM am Streckenrand standen, eine echte Verbesserung. Natürlich auch eine hohe Dichte an Blaskapellen und Trommlern, die dem gemeinen Läufer mächtig einheizten.

Ansonsten lief ich die meiste Zeit alleine, obwohl konstant, kam niemand mit und zu einem Duo, offensichtlich jemand mit Pacemaker, hatte ich auch etwas Rückstand, konnte aber langsam ranlaufen. Auf einer langen Geraden - der HM neigte sich langsam dem Ende - kam dann ein Läufer mit recht verbissenen Gesichtsausdruck und "interessantem" Laufstil (ich weiss, diesbezüglich steht mir keine Kritik zu) an mir vorbei. Ich ließ mich bis zu den beiden Läufern vor mir mitnehmen, jedoch lief der Kerl die letzte Wende so weit außen, dass ich wieder vorbei kam. Nun lief der Kerl in einer lang gezogenen Linkskurve ständig auf der rechten Straßenseite - ich natürlich links nebenher. Hier hätte man gut zusammenarbeiten können, aber der Sturkopp wollte halt nicht. Naja, kurz vor mir lief er dann durchs HM-Ziel und ich hatte nun die Wahl (die eigentlich gar keine war), ins Ziel zu laufen oder noch ca. sieben Kilometer Zugabe zu leisten. Die Response der Beinchen war durchweg positiv und so machte ich mich auf, die Theodor-Heuss-Brücke über den Rhein rüber zur Wiesbaden-Seite zu überqueren. Kurz vor mir erneut das Duo, dass nun etwas mehr Druck machte. Hier feuerte mich ein Mainzer sehr kreativ mit "Die beiden Schwulen vor dir kriegst du noch!" an. So war das mit "ans andere Ufer laufen" dann doch nicht gemeint.

Dort war auch recht wenig los, der Stadtteil hatte eher Vorort-Charakter. Nur eine Oma mitten auf der Straße machte uns mächtig die Hölle heiß. Direkt nach der Brücke kamen auch schon die Kenianer angeflogen. Sehr ermutigend...

Nach einer finalen Überquerung der Brücke kam dann langsam das 28-km-Schild in Sichtweite, aber wo verdammt war das versprochene Ziel. Wir bogen nämlich nach rechts ab, der Zielbereich war aber links. Wurde ich hier also mächtig gefoppt? "Darf" ich jetzt doch Marathon laufen? Eigentlich gar keine soo schlechte Ausgangsposition, ich war ja deutlich unter meiner Marathon-Bestzeit unterwegs...

Dann zeigte sich doch eine Matte, nach deren Überlaufen ich anscheinend im Ziel war (Es ist trotzdem spannend, wie man vorher nochmal kurz grübelt, was denn heute noch möglich wäre). Die Streckenposten dort waren mindestens so überrascht mich zu sehen wie ich, als ich erfuhr, dass hier noch keiner rein ist. Zumindest waren damit noch genug leckere Xenofit-Riegel da, von denen ich einige einstecken durfte. Beim Auslaufen in Richtung des echten Ziels sah ich dann auch den Sören Kah die Brücke runter rennen, aber anscheinend ist er nicht durchs Ziel sondern irgendwann ausgestiegen. Eigentlich schade, denn mit so einem schnellen Kerl hätte ich gerne mal auf dem Podest gestanden und ein paar Wörtchen gewechselt. So musste ich irgendwie den nur gebrochen Deutsch sprechenden Äthiopiern vor der Tribüne erklären, was ein 2/3-Marathon ist. Zur Siegerehrung war dann auch außer der Siegerin bei den Damen niemand anderes anzutreffen und so musste ich mein 3-Liter-Bierglas alleine austrinken, nicht mal die Äthiopier wollten mir helfen...

Die Anderen vom USV waren schon wieder in der Unterkunft und natürlich mit einem dritten Platz von Kristin und einem zweiten Platz von Marcel auch sehr erfolgreich. Beim Aussteigen aus dem Bus traf ich auch Tobias, der nach seinem ersten Marathon noch erstaunlich fit wirkte. Dann ging es durch ca. 17 Regenschauer-Sonnenschein-Wechsel wieder in heimische Gefilde.

Fazit des Ausflugs: Veranstaltung ordentlich, Strecke abwechslungsreich, Zuschauer ausgelassen und Mainzer stehen gerne an.

Fischi


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