Sonntag, 5. Mai 2013

Maximale Wirkleistungskompensation

Meistens hängen wir an der Elbe rum, manchmal aber auch an der Leine...


Tja, wiedermal ein Titel, der euch wahrscheinlich denken lässt, dass ich nun völlig verrückt geworden bin. Gleich zur Beruhigung vorneweg: Womöglich seid ihr damit gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt.


Zur Erklärung: Zur Abwechslung bin ich für die Überschrift mal nicht selbst verantwortlich. Ich habe sogar rein gar nichts damit zu tun (kaum vorstellbar, oder?). Es handelt sich hierbei nämlich um den Titel eines traditionsreichen Teams, das jedes Jahr an dem Duathlon rund um Dresden teilnimmt. Wasn dat nu schon wieder? Es handelt sich dabei um eine äußerst spaßige Angelegenheit, bei der man in 5er-Teams - ausgestattet mit vier Rädern - eine 100-km-Runde ums besagte Elbflorenz unter die Füße bzw. Räder nimmt. Dabei werden nur 50 "handverlesene" Teams zugelassen und irgendwie war ich nun auch dabei, obwohl ich mich nicht an eine offizielle Zusage erinnern kann (Schwangerschaftsdemenz?)...

Am Freitagabend gab es dann erstmal "Pasta-Party" und ich lernte meine Wirkleistungskompensierer Marcel (ok, den kannte ich schon), Andreas und Norman kennen. Der Ersatz-Ersatz-Mann Mirko machte wohl noch einen Wettkampf, 100 km waren warscheinlich zu kurz...

Dafür, dass es bei dem ganzen Spaß eigentlich außer Ruhm und Ehre nichts zu gewinnen gibt, gab es im Vorfeld doch einige Sticheleien und taktische Finessen wurden detailgetreu geplant. Wir hielten uns da hingegen an einen simpleren Plan: Während die meisten schnellen Teams eher kurze Intervalle (etwa 200 bis 500 Meter) absolvierten, bevorzugten wir die ruhigere Variante mit Kilometerintervallen. Damit hat man meistens ausreichend Zeit, um jaaanz jemüdlich 4 km nach vorne zu fahren. Allerdings hat man mit dieser Taktik keinerlei Chance auf eine Platzierung "ganz vorne", aber darauf kommt es ja hier auch nicht an (zumindest sagen das immer alle). Natürlich gibt es auch genug Anstiege zu überwinden, bei denen es auch nicht immer leicht ist, Radfahrer und Läufer abzustimmen.

Am Samstagmorgen erfolgte dann der Start der einzelnen Staffeln in Minutenabstand und in umgekehrter Reihenfolge der geschätzten Leistungsfähigkeit (also sowas wie der Vorjahresplatzierung). Wir waren als Viert-Letzte dran. Mit dabei auch Ellis Fahrrad, mit dem wir aufgrund inverser Schaltung, springender Kette und sich langsam senkender Sattelstütze recht viel Spaß hatten (An dieser Stelle sei den verantwortlichen Konstukteuren dieses altehrwürdigen Drahtesels von meinen Teamkollegen der Auftrag erteilt, diese Situation zu verbessern.). Schon recht bald wurden wir von den beiden favorisierten Teams überholt. Interessant war dabei die Beobachtung der Hektik, die bei kürzeren Intervallen ausbricht. Vom Laufen sofort aufs Rad und schnell wieder nach vorne. Besonders am Berg wurden aber auch schnell die Nachteile dieser Taktik deutlich: Man schafft es teilweise aufgrund der Steigung nicht mehr, vor seinen Läufer zu kommen, und selbst wenn, ist man ziemlich im Eimer.

So ging es erstmal hügelig und mit schönen Ausblick aufs Elbsandsteingebirge südlich von Dresden durch die Pampa. Mir ging es recht gut, bis auf die Tatsache, dass gerade meine Intervalle IMMER BERGAB gingen (Muphy's Law), und das teilweise sogar recht steil. Nach etwas Beschwerde änderte sich dies - auch aufgrund der Strecke - dann doch noch. Es kam ein langer Anstieg von der Elbe etwa 250 Höhenmeter hinauf auf das Niveau der Dresdner Heide. Zufällig war ich erst gegen Ende des Anstieges am Drücker und damit konnte ich auf unsere ärgsten Widersacher (Team Nummer 3) einen formidablen Vorsprung erlaufen. Problem war nur: oben war keiner mehr da, der mich ablösen hätte können. Also lief ich erstmal weiter, bis die ersehnte Wachablösung kam, die allerdings vom Berg auch sehr gezeichnet war.

Weiter ging es, mit nur knappen Vorsprung vor Nr. 3 (Hektik-Rotation) Richtung Dresdner Heide. Dabei konnten die Dreier immer wieder den Anschluss herstellen, aber gegen Marcel und mich mussten sie immer wieder abreißen lassen. So ging unsere Zermürbungstaktik eine ganze Weile, speziell mit den Bergan-Passagen kamen wir recht gut zurecht.

Für den Anstieg am Pumpspeicherwerk Niederwartha hatten wir uns dann unterwegs eine raffinierte Raffinesse einfallen lassen. Ich fuhr schon früh nach vorne und erklomm den größten Teil des Anstieges, während Mirko, Andreas und Norman bis zur Elbüberquerung liefen und dort auf Marcel übergaben. Unser Transalpine-Run-Spezialist konnte dort die Konkurrenz distanzieren und ich lief "oben" erstmal los und dann in 2er-Rotation mit Marcel weiter, bis der Rest der Wirkleister auch wieder da war. Dem Andreas verkrampfte gleich beim ersten Schritt der linke Oberschenkel, und so sprang ich nach ein paar Metern sofort wieder ein. Der Ärmste konnte sich gerade so auf dem Rad mit uns ins Ziel retten.

Wir vier Verbliebenen versuchten nun, uns die Startnummer 3 auf den verbleibenden ca. 15 km vom Leibe zu halten. Da sie eine Minute später als wir gestartet waren, brauchten wir natürlich eben diese Minute wieder als Abstand (Das war nach ca 5 h Wettkampfdauer gar nicht mal so leicht auszurechnen.). Zeitweise waren uns die Herren extrem nahe und ich war mir nicht wirklich sicher, ob dieses Vorhaben gelingen würde. Eine letzte Taktikbesprechung lieferte nun den Plan, der uns nach vorne katapultieren sollte. Dabei wollten wir das Gelände zu unserem Vorteil nutzen, so, wie man das eben in jeder guten Schlacht versucht. Es ging also bis nach Hause lange bergab und ab dort ca. 400 Meter steil bergauf. Wir beorderten also die Kavallerie nach vorne, um sich um den letzten Anstieg zu kümmern. Unsere "Bergab-Rakete" Marcel bretterte nun die Straße herunter, wobei er selbst nach 100 Kilometern eine sub3 in den Dölzschener Asphalt brannte. Ich wartete kurz vor dem Ende, damit Marcel noch bergab vorbeirollen konnte und vor mir in den finalen Anstieg gehen konnte, was auch formidabel funktionierte und auf der Zielgerade traf ich die ganze Truppe wieder.

Ab dort wurden die Sekunden rückwärts gezählt, und am Ende waren wir absolut souveräne 39 Sekunden schneller. Ich muss zugeben, ich hatte am Ende richtig Lust, diese Typen abzuziehen, denn bei der ersten Elbüberquerung bei Pirna kam plötzlich einer von denen (ein gewisser Felix) von rechts eine Treppe hoch gerannt und setzte sich vor uns. Bis dahin hatte ich von diesem Team auch noch nichts gesehen, aber durch diese Aktion hat er mal gut 200 Meter abgekürzt, und das gehört natürlich am Ende bestraft.

Damit waren wir dann insgesamt Vierter, da ein Team ganz unbemerkt (mit hoher Startnummer) drei Minuten schneller war als wir. Also war das ganze Geprügel umsonst? Könnte man meinen, aber - wie auch immer das passieren konnte - wurden wir bei der Tombola, bei der die Gewinne verlost werden (was wohl den nicht-wettkampforientierten Charakter der Veranstaltung unterstreichen soll - alles klar!), als Erster gezogen und konnten aus freier Auswahl schöpfen. Die Hochzeitsgeschenkliste ist schon aktualisiert, denn Satteltaschen sind dank freundlicher Unterstützung von Globetrotter nun obsolet gewurden. Ganz wichtig zu erwähnen ist natürlich auch noch die LEGENDÄRE Zielverpflegung. Im Einzelnen kann ich alles gar nicht aufzählen, aber habt ihr schonmal irgendwo kostenlose Bratwürste bekommen?

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich bei dieser lustigen Runde auch in Zukunft mal wieder dabei sein darf. Wie oft kommt es schließlich vor, dass sowas keine 500 m von der eigenen Haustür entfernt stattfindet? Meine Idee eines 200-km-Duathlons kam hingegen nicht sooo gut an.

Fischi


PS: Der Norman hat die ganze Sache übrigens in Vibram FiveFingers absolviert...

Fünf Musketiere






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