Montag, 9. Juli 2012

Unter Ultras


Prinzipiell beginnt ja jeder Tag mitten in der Nacht – was, wenn man zu viel darüber nachdenkt, ziemlich merkwürdig ist – aber normalerweise schlafe ich da ja noch.
Nicht so am Samstag, wo es mich zusammen mit unserem USV-4er mit Steuermann (Papi) in das Stadtzentrum der Weltmetropole des Ultralaufs (Fröttstädt City) verschlug. Wie immer hab ich mich bei der Vergabe der Strecken am schlechtesten versteckt (was natürlich völliger Blödsinn ist: Jeder, der mich ansatzweise kennt, weiß, dass ich als erster „Hier!“ geschrien habe, als es um die Vergabe der Strecken ging), sodass ich mit Etappe Eins anscheinend den Jackpot geknackt hatte. Laut Veranstalter (Lauffeuer Fröttstädt) reden wir über knapp über 800 Höhenmeter auf ca 27 km, wobei sich eigentlich alles davon auf der 2. Streckenhälfte abspielt.


So fiel ich also – Die Uhr zeigte noch keine „3“ vorne an, am frühen Morgen aus dem Bettchen, sammelte den Erik ein und machte mich auf den Weg zum Start, wo wir rechtzeitig eintrafen und ich beim auf ein Minimum reduziertem Einlaufen die Ordner wachgehalten habe (Die dachten, dass es los geht, und sprangen auf die Straße – herrlich).




Um 5 Uhr ging es dann endlich los und obwohl mein Körper zu ca. 95% noch im Tiefschlaf war, ging es ganz ordentlich voran. Da die Einzelstarter (man kann nur seinen Respekt vor diesem Völkchen äußern) schon ein Stündchen eher los sind, war die Strecke mit Lampen bestens markiert und man erkannte schon vom Weiten, wo es lang ging.

Nach der Verpflegungsstelle bei Kilometer 10 ging das Rennen dann auch los: Dank ergiebiger Regenfälle in den letzten Tagen durfte ich einen matschigen Anstieg hochkrabbeln – und was für einen! Das Rennen war jetzt also eröffnet und ich begann, die letzten 100er einzusammeln, was an manchen Stellen doch etwas haarig wurde. An manchen Anstiegen bildeten sich sogar größere Wandergruppen, die, obwohl sie keine Stöcke dabei hatten, in 4er-Reihen den Fischi zum Slalomlauf überredeten.

Mehrfach leistete sich die Steckenführung folgende Gemeinheit: Man läuft nichtsahnend und fröhlich (aus allen Löchern) pfeifend das Tal entlang vor sich hin und urplötzlich weisen Pfeile nach 8 Uhr (links hinten für die ganz schlauen...). Ein Blick in die Kurve offenbart: nur Weg. Achso: Korrektur des Blickfeldes um 15% nach oben: Aha! Da lang. Toll. Und das beste: Alle 100er dürfen hier gehen, was sie auch ausgiebig nutzen. Nur Fischi versucht krampfhaft und im Drehzahlbereich, wo schon keine Zahlen mehr sind, sie irgendwie einzuholen.

Dabei sind auch manche Scherzkekse: Auf meine Frage an einen Läufer, der offensichtlich zum Lauffeuer Fröttstädt gehörte, ob dieser §$%/&?-Berg denn irgendwann aufhören würde, antwortete er schlicht: „Nö.“. Ob dass nun eine verbale Äußerung mit informativen Charakter war, er schloss sich mir nicht ganz, zumal 500m weiter mal wieder eine Bergspitze erreicht war, was auf dieser Strecke ja nur heißt, dass die nächste Abzweigung des Schreckens nicht mehr weit ist.
Irgendwann war ich dann auch oben an der Ruhlaer Skihütte und am Rennsteig, wo eigentlich immer Wechselpunkt war. Da ich aber so lieb bin, durfte ich noch drei extra-km laufen :-)
Die Verpflegungsstelle hatte dann aber auch ihren Namen mehr als verdient: Hier hätte man Frühstück, Mittag und Abendbrot gleichzeitig mampfen können. Ein Typ neben mir trank erstmal genüsslich ein Bierchen...

Meinen Teil hatte ich also erledigt und konnte nun entspannt zusehen, wie sich zuerst Erik und danach Adrian durch das Feld der Einzelstarter wühlten. Unser Vorsprung zur nächsten Staffel war schon nach meiner Etappe etwa 10 Minuten, aber das reichte unseren (Alters-)Präsidenten Jens noch nicht. Als er sich dann auf den finalen Abschnitt begab, wollte er unbedingt den Abstand nach hinten wissen, und so warteten wir nach seinem Start noch etwas. Aber es kam niemand und so fuhren wir zum nächsten Verpflegungspunkt und als Jens kam, sagte ich ihm im ernsten Tonfall (Ich hatte es vorher geübt): „Also Jens, die haben ungefähr drei Minuten nach dir gewechselt!“ Die Reaktion war göttlich: Kinnlade runter, gefolgt von „Red kein Scheiß!“ Naja was tut man halt nicht alles, um sein Team ans Limit zu bringen.

Der Alterspräsident verwaltete dann doch die knapp 34 Minuten Vorsprung souverän und hatte sogar genug Luft, die komischen Fragen des MDRs geduldig zu beantworten. Bei toller Stimmung liefen dann auch die völlig bekloppten Typen (nicht böse gemeint!) der 100-km-Strecke ins Ziel und bis zur Siegerehrung hatten wir genug Zeit, genüsslich zu quatschen.

Danach hab ich mir noch ein paar Schlammpackungen abgeholt, aber sonst hätte ich das Bike ja umsonst mitgenommen...


Fischi




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